»Ketlin, abräumen!«
Ketlin stellt das Frühstücksgeschirr auf das Tablett, während Kylo und Luna ihre Termine für die Woche abgleichen.
»Pass doch auf!«, knurrt Kylo, als Ketlin ihn mit dem Tablett am Ärmel streift.
»Entschuldigung«, sagt sie und wendet sich zur Küchenzeile. Sie geht etwas steif und hält sich sehr gerade.
»Sie wird immer langsamer und macht ständig Fehler«, merkt Kylo an.
Luna nickt. »Wir haben sie ja auch schon fast vier Jahre.«
»Zeit für eine Neue. Seit die Dinger auf Gliese 667 programmiert werden, sind sie auch nicht mehr so teuer.«
»Na, ob unser vergreister 3D-Drucker die Datenmenge packt? Und was machen wir mit Ketlin?«
»Die kannst du nur noch shreddern.« Kylo steht auf und zieht sich in die obere Etage zurück. Luna packt ihre Unterlagen zusammen und schlüpft in ihren Straßenoverall. Ketlin lehnt reglos an der Wand.
»Gibt es nichts zu tun?« Selbst das Routineprogramm gibt jetzt wohl den Geist auf.
»Ich habe Angst.« Sehr leise kommen die Worte aus Ketlins Mund.
»Was?« Luna starrt ihr Gegenüber fassungslos an. »Du weißt doch gar nicht, was das ist, Angst. Das kannst du gar nicht wissen.«
»Doch«, erwidert Ketlin nur.
»Beschreib mir deine Angst.« Luna tritt nah an Ketlin heran und sieht ihr in die Augen. Die Iris ist türkis. Das war Kylos kleiner Sonderwunsch bei der Bestellung. »Also was ist? Wie fühlt sich Angst an?«
»Es ist eng und stumm da innen.« Ketlin deutet auf ihren Kopf und ihren Bauch. »Und es ist, als würde etwas in mir splittern.«
Luna dreht sich auf dem Absatz um. Sie hetzt die Treppe hoch. Atemlos steht sie vor Kylo. »Es ist etwas Unglaubliches geschehen!«
»Innerhalb der letzten zwei Minuten? Du bist ja wieder einmal völlig hysterisch.«
»Doch, doch, doch. Ketlin läuft aus dem Ruder.« Luna zieht Kylo am Ärmel.
»Ketlin ist ein Haufen Sondermüll und läuft nirgendwohin, schon gar nicht aus dem Ruder. Und lass mich gefälligst los.«
Lunas Finger verkrallen sich weiter in Kylos Arm. »Hast du manchmal Angst?«, stammelt sie, »beschreib mir deine Angst.«
»Angst? Was soll das sein? Ich hab es eilig.« Er reißt sich los, nimmt zwei Stufen auf einmal, wischt über die Kontaktfläche an der Wand. Die Haustür schwebt zur Seite. Er nimmt den nächsten Schienengleiter Richtung Innenzone.
Luna lässt sich auf den Boden fallen. In der Morgenstille lauscht sie ihren Atemzügen. Sie schließt die Augen und jetzt spürt sie es ganz deutlich: Tief in ihrem Inneren, da ist es eng und stumm. Ihr ist, als würde etwas in ihr splittern. Luna verschränkt die Arme vor der Brust und schaukelt ihren Körper im Takt ihres Herzschlags.
Plötzlich springt sie auf. »Ketlin! Ketlin! Du musst dich nicht fürchten! Ich werde dich beschützen«
Aber Ketlin ist fort.